Alexander Spoerl

Cover des Buches

Cover : Alexander Spoerl: Mit der Kamera auf Du

Alexander Spoerl: Mit der Kamera auf Du – Textausschnitte
Dies ist eines meiner Lieblingsfotobücher. Der Buch-Autor war schon in den 50er Jahren in der Lage die wichtigen Überlegungen zum Fotografieren in eingängiger Weise zu vermitteln, dies zeitlos, humorvoll und verständlich.

Freuen Sie sich, fotografieren zu können; Goethe würde Sie darum beneiden.

  • Alexander Spoerl
  • wurde 1917 geboren
  • studierte Maschinenbau
  • war einige Zeit als Dramaturg tätig
  • arbeitete dann als Ingenieur
  • nach dem Krieg war er Dolmetscher und arbeitete als Chauffeur und Vermögensverwalter
  • in den 50ern begann er mit dem Schreiben
  • heitere Romane sind: “Memoiren eines mittelmäßigen Schülers”, “Der Mann der keinen Mord beging” “Die anderen Leute”
  • er schrieb technische Handbücher die Probleme des Alltags auf einleuchtende, vergnügliche und verständliche Weise darstellen und erklären “Mit dem Auto auf Du” “Mit der Kamera auf Du”
  • aus heutiger Sicht immer noch aktuell ist das hier vorzustellende Buch, es erschien 1957 im Heering Verlag und konnte ich auf dem Flohmarkt günstig erwerben

Zum Buch
MUT! (S.1)
Fotografieren ist nicht schwerer, als dieses Buch zu lesen. Das Buch besteht aus drei Teilen: für den Anfänger, für den Fortgeschrittenen, für den Fertigen. Wo ein Teil aufhört und der nächste anfängt, werden Sie hoffentlich nicht merken. Ich selbst weiß es nicht einmal.
In keinem dieser drei Teile lernen Sie etwas. Ich habe das peinlich vermieden. Denn was man lernt, muß man auch behalten. Es belastet das Gehirn. Wenn Sie hinterher trotzdem mehr wissen sollten, dann kommt es nur davon, daß Sie durch das Lesen alles ganz von selbst verstehen.
Fotografieren ist kein Geheimnis! Es ist eine ganz einfache, selbstverständliche Sache, wenn man nur einmal darüber geredet hat.
S.11 Ein Amateur ist einer, der nicht davon lebt. Im Gegenteil: er lebt dafür! Wenn er Glück hat, bleibt ihm trotzdem noch etwas zum Leben.
… Man wird aber nicht Amateur, um beste Bilder zumachen. Man bleibt nur solange Amateur – wie man weiß, noch etwas dazulernen zu können.
S.12 Menschen
Mit seiner Kamera am fröhlichsten ist der Knipser. Manchmal ärgert er sich, aber dafür hat er die meiste Zeit keine Sorgen. Vor allem ärgert er sich nie über sich selbst, sondern gibt nur den an deren die Schuld. Und an sich selbst stellt er keine Ansprüche. Solche Leute sind immer zu beneiden! Dieses Buch ist für Knipser. Weil es noch mehr Knipser gibt, als es die glücklichen Knipser wissen.
Erfolg ist das, was man mehr haben möchte als andere. Der fotografische Erfolg hängt aber nicht von der Kamera ab. Sondern von den Bildern, die da herauskommen.
Man fängt kein gutes Bild, wenn man keine Bilder sehen kann. Sehen kann man nicht lernen. Was schön in der Welt ist, sieht man auch nicht mit dem Auge, sondern mit seinem Gemüt. Sehen muß Freude machen. Und Freude kann man auch nicht üben.
Wenn man nichts kann, kann man trotzdem einmal ein gutes Bild machen. Dann ist es ein Zufall. Für Zufall ist das Foto-Geld zu teuer. – Wenn man aber ein wenig kann, macht man hundertmal so oft ein gutes Bild. Wenn man sehr viel kann, nur hundertunddreimal so oft. Wenn man nicht weiß, was man kann, dann gibt es nur einen Weg zum Erfolg: viel fotografieren! – Viel fotografieren und wenig abziehen. – Einer hat einmal von sich geschrieben, er sei froh, wenn er auf seinem Kleinbild-Film unter sechsunddreißig Bildern eines findet, das ihm gefällt. Dieser Mann war so berühmt, daß er ehrlich werden durfte.
S.13 MOTIV
Motive gibt es nicht in der Natur, sondern im Herzen. Motiv ist das, was man festhalten möchte. Ins Album kleben oder vergrößern, auf ein Passepartout aufziehen oder anderen Leuten zeigen. Erika vor dem Kölner Dom ist ebenso wertvoll wie Mülltonnen im Sonnenuntergang oder kämpfende Sechszehnender.
Weil man sein Auge nicht zurücklassen kann, sieht es immer nur das, was gerade ist. Wenn man es später noch sehen will, muß man den Augenblick fotografieren.
Und wenn man zu einem Augenblick sagt: verweile doch, du bist so schön! – dann drückt man ab!
Das Leben besteht aus einer Kette unendlich vieler Augenblicke. Es wäre eine Schande, kein Instrument zur Hand zu haben, um daraus die schönsten festzuhalten, die sonst langsam aber stetig in dem Erinnerungskästchen unseres Hirns versinken würden.
Und dieses Instrument, der Foto-Apparat, ist in Wirklichkeit so einfach; nur die Leute, die etwas davon verstehen, haben alles so kompliziert gemacht.
S. 16 Alle Filme sind gut, am besten aber ist derjenige auf den man sich eingearbeitet hat!
S. 24 Ich weiß nur eins: Belichten ist einfacher als es zu beschreiben. Kit einer falschen Belichtung hat man immer noch mehr auf dem Film als mit garkeiner.
S. 30 Und den Amateuren muß ich an dieser Stelle deutlich sagen: den Wert eines Menschen mißt man nicht nach dem Wert seiner Kamera
S.32 Von der Lichtstärke reden die Leute so, als handele es sich um fotografische PS.
Ein doppelt so teures Objektiv ist nicht automatisch doppelt so gut. Und meist nicht doppelt, sondern dreimal so teuer oder viermal. …das sei keine Unschärfe sondern “künstlerische Weichzeichnung”. Das ist ein Trost, aber keine Wahrheit. …Stärke hat nicht mit Güte zu tun. Das haben die Objektive von den Menschen gelernt.
S. 38 Wenn sie von jeder Aufnahme einen Abzug machen lassen, dann ist – Kleinbild mit Rollfilm verglichen – der Preisunterschied nicht so groß wie der Qualitätsunterschied!
S. 39 Es gibt Bilder, bei denen es nicht darauf ankommt, wie einwandfrei sie sind, sondern darauf, daß es sie überhaupt gibt.
S.41 Weil ich einer bin, der alles knipsen will, habe ich ein Weitwinkel öfter vermißt als ein Teleobjektiv.
S. 42 Das beste Format ist dasjenige, das man bereits hat. Denn es kommt nicht auf die Erkenntnis an, sondern darauf, daß man für das Fotografieren nicht schon wieder neues Geld ausgibt.
S. 45 Der Fotohändler
Ein erfolgloser Fotohändler muß kein schlechter Fotohändler sein. ….Weil man niemals weiß, ob ein Fotohändler ein so guter Kaufmann ist oder ein so guter Fachmann, gehe ich gern zu dem zweitgrößten am Platz. …Er muß Leistung gegen Fassade setzen. Und davon will wenigstens ich profitieren!
Wenn man eine bekannte Kamera kauft, kann nichts daneben gehen. Aber wenn man ein Stativ kauft, warte man, bis der Chef des Ladens frei ist.
Entwickler kann man sich nicht raten lassen, sondern muß man ausprobieren.
Von Vergrößerungsapparaten versteht höchstens einer im Laden etwas, an den gerät man aber nie.
Bei Zubehör frage ich den ältesten, angestellten Verkäufer. Besser noch einen Freund, der es schon hat.
Bereitschaftstaschen kaufen Sie überhaupt nicht! Denn sie sind das Gegenteil davon.
Laborgerät, Mensuren, Flaschen, Dosen, Thermometer soll man sich von Angestellten mit langen Haaren, Rock und Busen verkaufen lassen, denn dieses Geschlecht bringt den praktischen Sinn dafür aus der Küche mit. Und auf den Busen soll man ganz besonders achten, denn flache Damen neigen meist zu neuen Patenterzeugnissen, die sich in der Dunkelkammer nicht unbedingt bewähren.
Wer sich überhaupt nicht ärgern will, lasse sich im Fotohandel nur weiblich bedienen. Was da falsch beraten oder bedient wird, nimmt ein kräftiger Mann dann hinterher nicht ganz so übel. Nur wenn der Kunde eine Kundin ist, soll er sich an ein Bärtchen hinter der Theke wenden. Bärtchen sind nicht klüger, aber geben sich gegenüber einer Kundin etwas mehr Mühe.
S. 49 Kamera
…eine Kamera ist nicht nur zum Umhängen da,. Das können sich nur Leute mit sehr viel Geld erlauben … eine gute Konstruktion kann niemals häßlich sein
S. 65 Miniaturkamera
Sie ist eine Verführung aber niemals Erfüllung. …(S. 67) Man kann darauf verzichten. Aber soll es niemals ohne Grund.
S. 84 Am teuersten ist das unterbelichtete Foto. Es kostet Film und Entwicklung und keine Macht des Labors kann aufs Papier bringen wenn der Film nicht belichtet ist.
S.85 Richtig belichten kann man dreierlei: durch Zufall, durch Erfahrung oder mittels eines elektrischen Belichtungsmessers.
S.86 …Fotografieren heißt nicht: Alltägliches ins Album kleben. Sondern besonderes aufbewahren.
Fotografieren ist keine Kunst. Es ist nur die Freude am Sehen, konserviert durch das Einmaleins des Verstandes.
S. 114 Wo das Licht schwach wird beginnt das gute Bild. …Stativ und Drahtauslöser sind die besten Verstärker der Kamera, wenn es zu dunkel ist (S. 116)
S. 125 Der Foto Apparat ist eine optische Flinte. Die Seele erlegt damit die Freuden des Auges.
S. 169 Das Licht ist der Pinsel des Fotografen. Mit mehr Licht wird es nicht schöner, sondern es geht nur schneller
S. 175 Wer mit Portraits Geld verdient, muß Abbilder schaffen, die so aussehen wie der Fotografiertes es von sich glaubt. Portrait ist fotografierte Erfassung einer Persönlichkeit, ohne das die Beine mit im Bilde sind. (S. 176)
S. 182 Zum Licht

  • Licht von oben macht krank
  • Licht von unten macht dumm
  • Licht von vorn macht einfach
  • heller Hintergrund macht schmal
  • dunkler Hintergrund macht breit
  • Hintergrund lenkt ab
  • Leute die sich nur im Spiegel sehen soll man auch spiegelverkehrt abziehen

S. 217 die schlechtesten Farbfotos sind die bunten
S. 226 Studie ist einen Entschuldigung dafür, daß man am übrigen Leben mit der Kamera vorbeigegangen ist.
S. 273 Die Fotografie beginnt am Auslöser, das Bild aber erst in der eigenen Dunkelkammer
S. 277 Wer selbst entwickelt hat keine Ausrede mehr.